Die Geschichte des IVW

Honig und Wachs waren über viele Jahrtausende hinweg begehrte Produkte und machten die Imker zu angesehen und oft auch reichen Bürgern. Nur mit ihrer Hilfe war es möglich, Speisen zu süßen und vor allem Licht in die Dunkelheit zu bringen. Mit der Erfindung industriell hergestellter Süßungsmittel wie Rübenzucker und des elektrischen Lichtes wurde Wachs und Honig mehr und mehr zu „Nischenprodukten“. Geblieben ist aber die Bedeutung der Imkerei für Natur und Landwirtschaft. Ohne Bestäubung keine Ernte! – Deshalb war es schon immer auch ein Anliegen von Landwirten, möglichst viele Bienenstöcke im Einzugsbereich zu haben. Ihr Drängen führte letztendlich auch dazu, dass vor 150 Jahren die Imker im Herzogtum Nassau sich zu einem Verein zusammenschlossen.

Eine statistische Erhebung aus dem Jahr 1885, veröffentlicht im Wochenblatt des Vereins nassauischer Land- und Forstwirthe, war der Auslöser, denn sie kam unter anderem zu dem Ergebnis, „… wie schwach verhältnismäßig die Bienenzucht in den längs des Rheins gelegenen, so fruchtbaren Distrikten und insbesondere im Rheingau betrieben wird…“

Und so wurde der Schluss gezogen, dass „Nassau vermöge seiner fruchtbaren Boden und sehr bedeutenden Waldfläche mindestens ein Dutzendmal so viel Bienenvölker, als dermalen, recht gut ernähren könnte…“

Wenige Zeilen später ergeht im selben Blatt ein flammender Aufruf, auch in Nassau einen Bienenzuchtverein zu gründen: „Sollte es sich nicht empfehlen, auch hier mit der Zeit fortzuschreiten und mit allen Kräften darnach zu trachten, die edle Bienenzucht, die „Poesie der Landwirthschaft“ ,die für alle ihre Jünger so außerordentliches geistiges und materielles Interesse bietet, die für Tausende von Einwohnern, namentlich für Oekonomen, Forstmänner, Geistliche, Lehrer und kleinere, ans Haus gebundene Gewerbsleute bei der Geringfügigkeit des Anlagekapitals, Leichtigkeit des Betriebs und Sicherheit des Gewinns eine nicht zu verschmähende Quelle des Einkommens bilden kann — nach dem Vorgang der Nachbarländer auch im Herzogthum Nassau … möglichst zu heben? – Die besten Mittel zu Erreichung des Zieles ist die Beteiligung an einem Bienenzuchtverein.“ (Zitate aus Wochenblatt des Vereins nassauischer Land- und Fortstwirthe, Nr. 45.

Honigernte Mittelalter

Noch in der selben Ausgabe des Wochenblattes erging der Aufruf zu einer konstituierenden Sitzung zur Gründung eines Bienenzüchtervereines am 9. November 1865 in Wiesbaden, und gleichzeitig wurden dessen Statuten bekanntgegeben. Die Vereinsgründung erfolgte wie vorgesehen. Im Vorstand wirkte neben anderen als Vereinspräsident der Pfarrer Eduard Dern mit, der zunächst in Sonnenberg, später in Schierstein wirkte. Neben Vorträgen zum „Dzirzonbetrieb“ (Wanderimkerei) über die nassauischen Trachtverhältnisse, über das Italienisieren (Versuche mit der italienischen Bienenrasse) und die Einwinterung gab es auch Vorführungen. Die Gründungsversammlung beschloss auch die Vereinsrichtlinien: Aufgeführt werden die „ … Beförderung eines rationellen Betriebs der Bienenzucht in theoretischer und praktischer Beziehung …“ Der Verein sollte „ … danach trachten … anerkannt gute Wohnungen (für Bienen) und Geräthe an(zu)kaufen und zu verbreiten, erprobte Betriebsregeln (zu) veröffentlichen, Absatzquellen für die Produkte der Bienenzucht (zu) schaffen …“

Wir verdanken unserem langjährigen Vorsitzenden Erich Keller viele Erkenntnisse über die Geschichte des Imkervereins Wiesbaden. Er hat sie anlässlich des 125-jährigen Vereinsjubiläums sorgsam zusammengetragen und dokumentiert. Keine leichte Aufgabe, denn bei einem Luftangriff in den letzten Kriegsmonaten 1945 wurden alle vorhandenen Unterlagen vernichtet. Belegt aus anderen Quellen ist die 42. Wanderversammlung deutscher, österreichischer und ungarischer Bienenzüchter, die zusammen mit der 30. Generalversammlung des Nassauer Vereins in Wiesbaden stattfand und an der sogar die Kaiserin teilnahm. Es gibt einige wenige Dokumente, meist Protokolle der Generalversammlungen, die in der „Biene“ veröffentlicht wurden, in denen deutlich wird, dass der Wiesbadener Verein sehr rührig war, aber auch mit organisatorischen Problemen zu kämpfen hatte. Besonders bemerkenswert waren die Referate von Lehrer Alberti, der sich sehr eingehend mit den verschiedenen Bienenarten, der Haltung von Bienen und den Trachtverhältnissen in Nassau auseinandersetzte.

Leider gibt es offensichtlich überhaupt keine Aufzeichnungen aus der Zeit des Dritten Reiches.

Nach dem Krieg wurde der Verein in Imkerverein Wiesbaden umbenannt – vielleicht auch, um einen Neuanfang zu dokumentieren.

Gerade die ersten Nachkriegsjahre war für die Imker eine harte Zeit. Wollte er Zucker für die Wintereinfütterung haben, musste er Honig abliefern. Damit der Zucker nicht auf dem Schwarzmarkt verkauft werden konnte, wurde er in der amerikanischen Zone mit Sand gemischt. Auch der unbekümmerte Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln durch die Landwirte und Obstbauern sorgte für Probleme, weil viele Völker starben und viele Imker ihre Stände aufgaben. Das führte sogar dazu, dass ein ortsansässiger Honighändler Konkurs anmelden musste. Glücklicherweise setzte sich nach und nach der Umweltschutzgedanke und die Erkenntnis durch, dass es ohne Bienen keine Ernte gibt. Der Gifteinsatz wurde sukzessive reduziert und die Zahl der Völker im Stadtgebiet stieg wieder an.

Bis 1975 wurden die Bienenköniginnen auf Belegstellen im Umland gebracht, um die hier gezüchtete Carnica-Bienen möglichst rein zu halten. Dann richtete der Verein eine eigene Belegstelle auf der Platte ein und widmete sich auch der instrumentellen Besamung.

Die Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Deutschland eingeschleppte Varroa-Milbe forderte auch bei den Wiesbadener Bienenvölkern ihren Tribut. Die Aufklärung über effektive Bekämpfungsmaßnahmen ist bis heute eine der primären Aufgaben des Imkervereins Wiesbaden.

In der Jubiläumsschrift zum 125-jährigen Bestehen des Imkervereins Wiesbaden wird ein Mitgliederstand von rund 100 Imkerinnen und Imkern genannt, die zu diesem Zeitpunkt rund 1.100 Völker betreuten. (Eine Zahl, die wir im Jhar 2017 wieder erreicht haben – allerdings mit knapp 250 Vereinsimkerinnen und -imkern!)

125 Jahre IVW Ehrung

Im Jahr 2015 – 25 Jahre später – leben im Stadtgebiet einschließlich der 1977 eingemeindeten Vororte rund 800 Bienenvölker. Während die Zahl der Stöcke zurückgegangen ist, konnte der Verein in den letzten Jahren einen regelrechten Mitgliederboom verzeichnen. Die Bienenhaltung liegt im Trend und gerade junge Menschen in der Stadt können sich für die Imkerei begeistern. Mit Neuimker-Kursen, Probeimkern und Imkerpaten werden die Neueinsteiger auf ihr neues Hobby sorgfältig vorbereitet. 2015 – im Jubiläumsjahr – sind mehr als 170 Wiesbadenerinnen und Wiesbadener Mitglied im Imkerverein. Ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, darin sieht der Vorstand eine seiner wichtigsten Aufgaben. Nicht zuletzt deshalb wurde auf einem von der Stadt dem Verein überlassenen Grundstück im Aukamm ein „Bienenpark“ eingerichtet, in dem die Ausbildung der Jungimkerinnen und Jungimker stattfinden kann, aber auch Kinder aus Schulen und Kindergärten einen Blick in die spannende Welt der Bienen werfen können.

Und wo liegt die Zukunft des Imkervereins Wiesbaden? – Ganz einfach: Lesen wir die Statuten aus dem Jahr 1865. Auch in den nächsten Jahren werden wir unsere Mitglieder darüber informieren, wie und unter welchen Bedingungen wir Bienen erfolgreich pflegen, welche Risiken es für unsere Völker gibt und wie wir diesen am besten begegnen. Vor allem aber wollen wir unseren Imkerinnen und Imkern mit Rat und Tat zur Seite stehen und die Menschen in der Stadt dafür sensibilisieren, dass die Bienen auch ein Indikator dafür sind, in welchem Zustand die Umwelt ist, in der sie leben.